Ana Brotas: Übung zum fragmentierten Wald. Amazonas-Regenwald, Brasilien. Video-Performance 4:14 min. Das Konzept der Waldfragmentierung ist eine Terminologie, die die Aufteilung großer zusammenhängender Waldgebiete in kleinere Waldstücke definiert. Die Wissenschaftler selbst fragmentieren die Natur in quadratische Flächen, um ein bestimmtes Biom rationeller zu studieren und zu erforschen. Diese Methodik führt zwangsläufig zur künstlichen Schaffung von Rändern. Bei der Waldfragmentierung werden quadratische Waldstücke akribisch gesäubert.
Annegret Müller: o.T. 2018. Berlin. Objekt, verschiedene Erden, Rettungsfolie. Erde, der Boden, von dem wir leben, unsere Zügellosigkeit kann sie verschlingen, Erde war ich und Erde werde ich, ein Geschenk, der Boden, von dem wir leben, im Vertrauen, mit tiefer Verneigung.
Stephan Groß: Haut der Erde. 2006, Berlin, Deutschland, Collage, Digitaldruck gerahmt, 50 x 60 cm. Die Collage „Haut der Erde“ zeigt im oberen Bereich ein Fragment einer architektonischen Szene die Steinwand eines großen Gebäudes, eine Baumreihe und dazwischen ein kleiner freier Platz. Dieser geht scheinbar über in die untere Bildhälfte, die einen anatomischen Schnitt der menschlichen Haut zeigt. Wie das größte Organ des Menschen sind Böden eine zentrale Bedingung unseres Lebens. Fruchtbarer Boden ist eine von Raubbau und Klimawandel bedrohte endliche Ressource. Täglich treten wir ihn mit Füßen, bauen Häuser und Straßen darauf und produzieren mit seiner Hilfe unsere Lebensmittel. Dabei ist „Die Haut der Erde“ ein fragiles, komplexes und faszinierendes Ökosystem, das sich immer wieder neu strukturiert.
Barbara Karsch-Chaïeb: Ackerland. 2014, Stuttgart, Deutschland, 30 x 45 cm, Fotografie, Veroneser grüne Erde. Ackerland zeigt eine Aufnahme von einem Feld auf der Schwäbischen Alb in Süddeutschland, darauf ein Auftrag mit Veroneser grüne Erde (aus Italien). Die Lebens-Grundlage für den Anbau von Nahrungsmittel ist der Boden, mit dem nicht mehr sorgsam umgegangen wird. Dabei spielt (Grund-) Besitz eine ebenso wichtige Rolle wie der Wettbewerb unter den Bauern. Kleine Betriebe gehen oft ein, weil sie sich auf den Wettbewerb von Großgrundbesitz nicht mehr einlassen können oder wollen. Durch globale Veränderungen (und EU-Richtlinien) verschieben sich Landbesitz und Nutzung von Flächen oftmals auf ungünstige Weise für den Menschen.
Clement Loisel: Rio Morto, 2016, Berlin, Deutschland, Öl und Bleistift aus Leinwand, 160 x 240 cm. Im Jahr 2015 ist der brasilianische Distrikt von Bento Rodrigues mit dem giftigen Schlamm bedeckt, nachdem ein Staudamm einer Bergbaugesellschaft gebrochen war. Dieses Gemälde zeigt die Folgen der Katastrophe als offene Wunde im Boden, kombiniert mit geisterhaften Figuren aus Millets berühmtem Gemälde „L’Angelos“, die an dem Ort des Ereignisses beteten.
forschungsgruppe kunst: TOTEM / 2018, Rostock, Germany, inszenierte Fotografie. Mit unserer Arbeit TOTEM haben wir ethnologisch betrachtet, ein Symbol erschaffen, das die mystisch-verwandtschaftliche Verbindung zwischen Flora, Fauna und der wichtigen Ressource Erde darstellen soll, ohne die wir Menschen nicht existieren könnten.
Irene Hoppenberg: Die Kartoffelesser / 2018, Berlin, Deutschland, Maschendraht, Papier, Farbe. In Süddeutschland, in der Schweiz und in Österreich, nennt man die Kartoffel auch Erdapfel. Manchmal kleben noch Reste von Erde an der Knolle. Sie ist uns vertraut, sie ist regional, schmeckt, ist gesund und in Deutschland das unverzichtbare Grundnahrungsmittel Nummer eins. Der durchschnittliche Verzehr an Kartoffeln beträgt 55 kg pro Kopf/Jahr. Friedrich der Große hat die Kartoffel in Brandenburg eingeführt, um seine Bauern vor dem Hunger zu bewahren. Ab 1746 hat er, mit dem Kartoffelbefehl, per Anordnung den Anbau erfolgreich durchgesetzt. In der Akademie für Suffizienz in Reckenthin vermischen sich Kunst und Leben. Ich bearbeite mein Thema, eine Kartoffelskulptur, in der Nähe von Kartoffeläckern. Kochen und gemeinsames Essen sind sehr kommunikativ. Da in Brandenburg viel Kartoffeln angebaut werden, kann ich im Idealfall, selbst Kartoffeln auf einem Acker in der Nähe ernten, um damit verschiedene Kartoffelgerichte zuzubereiten. Während des Aufenthalts in der Akademie für Suffizienz aßen die Teilnehmer gemeinsam, verschiedene, von mir zubereitete Kartoffelgerichte. In Anlehnung an das berühmte Bild von Van Gogh werden die „Kartoffelesser“ und die Kartoffelgerichte fotografisch dokumentiert.
Kirsten Wechslberger: Minanimals III ‚The Soil we Live of‘, 2018, Reckenthin, Deutschland, eine ephemere Installation aus Bioplastik und Sand, Dokumentation (Film), 10 Skulpturen. Minanimals III ist eine Repräsentation von 10 Arten der Billionen Lebewesen, die in einem Kubikmeter Erde leben. Es geht darum, für fast alle Menschen unsichtbares (und nicht wahrgenommenes) Leben ins Blickfeld zu rücken. Die Skulpturen bestehen aus Bioplastik und Sand, sind zwischen 10 und 30 cm groß, und sie wurden für die Installation je zehnmal angefertigt. Die Installation beinhaltet 100 einzelne Skulpturen – sie sind auf einem Stück Land aufgebaut, welches durch Menschen zerstört wurde. Dort werden die Skulpturen verwesen. (und zur Erde zurücktransformiert). Symbolisch nimmt sich in dieser Aktion die Natur ihr Land zurück. Der Film dokumentiert die Installation am Ort ihrer Präsentation. Die in dieser Installation dargestellten Lebewesen sind: ein Bakterium, Regenwurm, Borstenwurm, Milbe, Rädertier, Rosenkäferlarve, Schnecke, Ameisenlöwe, Wasserbär und Kellerassel.
Lioba von den Driesch: bodenschatzen. Berlin, Deutschland, 2018, 27 cm x 18 cm x 22 cm, modifiziertes Kinderspielzeug, Holz, Plastik, Schnur, Tusche, Licht. Unser tägliches, vergleichsweise sorgloses und freies Leben als Angehörige einer „westlichen Industriegesellschaft“ baut auf die globale Plünderung des Bodens über- und untertage. Die Schattenseite unserer Freiheit ist Ausweglosigkeit, aber für uns immer noch im Bereich von Gedankenspielen und privaten Entscheidungen.
Maria Korporal: Breathearth, Berlin, Germany, 2016, interaktive Installation: Raspberry Pi, Monitor, Weltkugel, Mikrofon. Ein Videobild zeigt eine erste Ansicht einer trostlosen Landschaft, trocken und unfruchtbar. Die Zuschauer sind eingeladen, in einer kleinen Erdkugel zu atmen, in dem ein Mikrofon verborgen ist. Mit jedem Atemzug, erscheinen Gras, Blätter und Blüten in der Landschaft, bis die ganze Erde mit Farben und Leben bedeckt ist. Wenn die Atmung stoppt, verschwindet nach kurzer Zeit die Vegetation und verwandelt sich die Landschaft wieder unfruchtbar: Die Erde braucht unseren Atem, um lebend zu bleiben! Bei jeder neuen Sitzung, erscheinen andere Kombinationen von Vegetation – es ist immer eine Überraschung, welche Blumen durch die Atmung erzeugt werden.
Matthias Fritsch: Ecopolis-Möbel / 2018, Reckenthin, Deutschland, Prototypen aus geretteten, unbehandelten Materialien. Wer etwas an der Gesellschaft ändern will, sollte als Erstes bei sich selber anfangen. Wie kann die Stadt der Zukunft nachhaltiger funktionieren? Dafür entwickelt Matthias Fritsch Alltagsroutinen, die zu einem sinnvolleren Umgang mit den endlichen Ressourcen und geschlossenen Stoffkreisläufen führen. Obersten Rang hat dabei der Boden. Da Alltagstätigkeiten etwas rituelles haben und Religionen oft mit Ritualen arbeiten, wurden die täglichen Handlungsempfehlungen in Anlehnung an die allseits bekannten „10 Gebote“ der Christen unter dem Titel „13 Gebote“ zusammengefasst. Fritsch versucht, diese „Gebote“ in seinen Alltag zu integrieren. Dafür erschafft er unter anderen praktische Werkzeuge wie einen Wohnzimmerhumifizierer oder eine als Sitzmöbel getarnte Komposttoilette, mit denen Stadtmenschen auch ohne Gartenzugang in den eigenen vier Wänden einen nachhaltigeren Umgang mit ihren Abfällen erzielen und Stoffkreisläufe schließen können. Da immer mehr Menschen in Städten leben, bieten diese Werkzeuge ein riesiges Potenzial, wenn sie von der großen Masse der Bevölkerung angewendet werden. Die Möbel sind besonders geeignet für Menschen mit wenig Wohnraum oder mobilen Wohnungen.
Oliver Orthuber: Blumenmaschine, 2018. Berlin, Deutschland, 45 x 15 x 15 cm, mixed media (Erde, Keramik (Blumentopf), Plastik, Metall, Display). Ausgehend von dem Bild Zwitschermaschine von Paul Klee über das Kapitel „Zum Ritornell“ aus dem Buch „Tausend Plateaus“ von Gilles Deleuze entstand die Idee zu der Installation Blumenmaschine. Vom Standpunkt der Rolle des Ritornells in der Musik wird dort die Musik unter anderem als territoriales Gefüge betrachtet: Vogelsang, der singende Vogel markiert auf diese Weise sein Revier. Das Ritornell kann aber auch andere Funktionen übernehmen, amouröse, berufliche, soziale, liturgische oder kosmische: Es trägt immer Erde mit sich, manchmal auch spirituelle Erde. Es hat eine wichtige Beziehung zum Heimatlichen, zum Geburtsort. Genau an diesem Punkt möchte ich anknüpfen. Die Erde ist die Heimat, der Geburtsort der Menschheit und von der wir leben. Durch die Blumenmaschine möchte ich den Aspekt der Technik herausarbeiten, die sich ausbeuterisch vom Boden ernährt und dem Menschen zugleich Fluch und Segen bereitet.
Regan Henley: Geführte Trauersitzung 2016. Syracuse, New York, United States, digitales Video mit zwei Kanälen, 4:06 Min. Die „Geführte Trauersitzung“ zielt darauf ab, die einzigartige Praxis der ritualisierten und geplanten Trauerarbeit zu analysieren und zu erleichtern. Dieser Prozess der Katharsis ist organisiert und pragmatisch, wobei Individuen sich Zeit nehmen, um Schmerz zu empfinden und Raum für Trauer zu lassen. Obwohl die meisten Menschen Kummer als etwas betrachten, das sich in uns schleicht oder etwas, das wir aktiv beiseiteschieben und ignorieren, gibt es eine Art Kontrolle in diesen geplanten und dauerhaften Begegnungen durch unsere eigene Trauer, die gesund sein und Wachstum zulassen kann. Das Video zeigt ASMR (Autonome Sensorische Meridian-Reaktion), akustische und visuelle Auslöser des natürlichen Landes, während das erzählte, geflüsterte Audio dem Zuschauer eine Anleitung gibt, wie er in diese meditative, hoch-emotionale Einstellung eindringen kann. Die Objekte; die Blume, der Boden dienen als Erinnerung an den natürlichen Prozess des Sterbens und durch die Erweiterung des natürlichen und gesunden Prozesses der Trauer, der im täglichen Leben, in dem wir leben, Raum geben sollte.
Sabine Naumann-Cleve: Mutterboden, 2018, Ailringen, Deutschland, 29,5 x 64 x 94 cm, Fermentierte Küchenabfälle, Erde, Zinkwanne. Die oberste, humusreiche Schicht des Bodens ist Mutterboden. Er ist fein krümelig, hat eine dunkle Farbe und einen angenehm erdigen Geruch. Er ist gesund und fruchtbar und liefert so die Voraussetzungen, um Pflanzen für gesunde Lebensmittel wachsen zu lassen. Weltweit jedoch trocknen Ackerflächen aus, versanden, sind übernutzt und werden mit Pestiziden vergiftet. Dabei kann fruchtbare Erde in jedem Haushalt durch das Fermentieren organischer Küchenabfälle problemlos hergestellt werden. Nach ihrer Fermentierung wird in einem weiteren Schritt die Masse mit Erde gemischt und nach einiger Zeit wird daraus fruchtbare Erde, Terra preta. So wie in der Zinkwanne zu sehen, zu fühlen und zu riechen ist – ganz ohne Kunstdünger. So müssen die Abfälle nicht länger in der Biotonne vor sich hin stinken und verschimmeln, sondern tragen zu einem Kreislauf von Reststoffverwertung und Wiederverwendung bei.
Tom Albrecht: Landgrabbing. 2018, Berlin, Deutschland, Kollektive Aktion, eine Stunde. Der Boden, den die Besucher mitbringen, wird in einer gemeinsamen Aktion einem Prozess der Aneignung, Auf- oder Abwertung unterworfen und danach wieder verwendet. Die Probleme sind Versiegeln, Landgrabbing, Watergrabbing, Treibstoffproduktion, Altlast, Erosion, konventioneller Anbau, Wüstenbildung.
Uwe Molkenthin: Bodenlaib. 2018, Lengerich, Deutschland, Digitalfotografie, digital bearbeitet, Kunstdruck, 71 x 71 x 1 cm. Aus der Ferne betrachtet scheint ein Mensch in einfacher Form dargestellt zu sein. Bei näherer Betrachtung sieht es aus wie die Aufnahme eines verkarsteten Bodens. Bei noch näherer Ansicht erkennt man die Oberfläche eines Brotes. Unser Hauptlebensmittel.